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Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen: „Kunst gehört nicht eingeschlossen“

René Zechlin leitet seit 2014 das Wilhelm-Hack-Museum. Kunst ist für ihn vor allem eins: etwas zum Erleben und Ausprobieren. (Foto: Alexander Grüber)

Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen: „Kunst gehört nicht eingeschlossen“

René Zechlin vom Wilhelm-Hack-Museum macht ganz Ludwigshafen zum Kunst-Erlebnisort

Wer ein Ausstellungshaus nur als Ort des Bewahrens kennt, sollte unbedingt dem Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum einen Besuch abstatten. Denn für Direktor René Zechlin und seine Mitarbeiter ist Kunst vor allem zum Erleben und Ausprobieren da. Das spiegelt sich in kreativen Mitmachangeboten, dem Hack-Museumsgarten und dem Streetart-Projekt „MURALU“ wider. So erfahren Besucher Kunst auf ungewöhnliche Weise.

Wir hören ihr Lachen schon von Weitem: Die Kinder quietschen begeistert und tauchen ihre Pinsel unbeschwert in knallbunte Aquarellfarben. Bleistifte werden auf dem Papier geschwungen und Muster in eine Linolplatte gekratzt – ein ganz normaler Mittwochnachmittag im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen. Direktor René Zechlin begrüßt die Kurier-Redaktion im Atelier des Ausstellungshauses und erklärt: „Für Schulklassen bieten wir hier etwas Besonderes: Zuerst holen sich die Kinder Inspiration aus einer Ausstellung, zum Beispiel der aktuellen Schau ,Körperbilder‘. Im Atelier setzen sie dann ihre eigenen Ideen mit Farben, Stiften und Drucktechniken um.“

Der passionierte Kunsthistoriker leitet das Ludwigshafener Ausstellungshaus seit 2014. In den vergangenen anderthalb Jahren war das Museum wegen umfangreicher Brandschutzsanierungen geschlossen. Nun freuen sich René Zechlin und sein dreizehnköpfiges Team, Besuchern – endlich! – wieder Kunst näherzubringen. Das wollen wir uns Genauer anschauen.

Werke zum Schauen, Staunen, Lernen

Dazu gehen wir weiter ins Obergeschoss – direkt zur „Körperbilder“-Ausstellung: „Mit ‚Körperbilder‘ zeigen wir die Vielfalt des Körpers in der Kunst. Dafür präsentieren wir mehr als 100 Ausstellungsstücke aus unserer hauseigenen Sammlung“, berichtet uns René Zechlin. Künstler deuteten den Körper in verschiedenen Epochen unterschiedlich und stellten ihn infolgedessen ungleich dar. Ein gutes Beispiel ist die „Tanzende Nana“ der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle. Dabei handelt es sich um die Plastik einer selbstbewussten Frau in bunten Farben und mit voluminösen, weiblichen Formen. Die Nana repräsentiert exemplarisch alle Frauen und ihre Lebenskraft. Sie ist nach den eigenen Maßstäben der Künstlerin gestaltet – fernab aller gesellschaftlicher Konventionen, lernen wir.

Beeindruckt laufen wir weiter, bestaunen die Werke. Dann erfahren wir: Im November wartet schon der nächste Höhepunkt auf die Besucher des Wilhelm-Hack-Museums. Dann wird die Ausstellung „Street Life“ künstlerisch das gesellschaftliche Leben auf der Straße beleuchten – vom tönenden Großstadtleben des 20. Jahrhunderts bis hin zu den leeren Straßen durch Corona in den vergangenen Monaten. Das werden wir uns auf keinen Fall entgehen lassen.

Kunst zum Anfassen im Wilhelm-Hack-Museum

Dann sind wir zurück im Atelier. Für René Zechlin ist es das Herzstück des Wilhelm-Hack-Museums: „Unser Museum ist kein reiner Ort des Bewahrens und Ausstellens. Uns ist es ganz wichtig, Kunst mit allen Sinnen erlebbar zu machen. Dafür bieten wir ein abwechslungsreiches Programm, bei dem große und kleine Besucher Kunst selbst entdecken können.“ Das Angebot für Schulklassen haben wir schon kennengelernt. „Kann ich nicht, gibt es nicht“ lautet daneben das Motto des generationsübergreifenden Formats „Zusammen klappt´s.“ Die Idee finden wir toll: Das malerische und plastische Experimentieren regt die Fantasie von Kindern an und bringt sie mit dem handwerklichen Geschick der Eltern und Großeltern zusammen. Hingegen plaudern Erwachsene regelmäßig bei der Veranstaltungsreihe „Art Lounge“ entspannt bei Drinks und Musik über die Sammlung. Der Kunstgenuss am Nachmittag lädt Teilnehmer zum Austauschen bei Kaffee und Kuchen ins Museum ein.

Eine grüne Kulturoase mitten in Ludwigshafen

Es geht weiter, der Museumsdirektor öffnet eine riesige Tür: „Für mich gehört Kunst nicht nur ins Museum. Sie kann, ja sie muss ebenfalls draußen stattfinden.“ Wir wollen mehr wissen, und folgen ihm ins Freie. Es geht vorbei an der Keramikfassade des katalanischen Malers und Bildhauers Joan Miró, zur Rückseite des Museums. Überrascht bleiben wir stehen: So viele bunte Pflanzen!

„Vor zehn Jahren gab es hier am Hans-Klüber-Platz nur Asphalt“, erinnert sich René Zechlin zurück. „Das wollten wir ändern – und das ist uns gelungen. Heute grünt und blüht eine riesige Oase, unser Hack-Museumsgarten.“ Die Idee zum Projekt kam von der Kuratorin des Museums, Theresia Kiefer. Ihr Vorschlag: ein Kulturgarten für alle, mitten in Ludwigshafen.

Der Hack-Museumsgarten als Ort der Begegnung

Gemeinsam mit Bürgern stellte das Museumsteam dafür Kisten sowie recycelte Behältnisse auf und befüllte sie randvoll mit Erde. So entstanden Pflanzbeete. „Menschen aus der ganzen Region – entweder allein oder als Gruppe – übernehmen für unsere Beete eine Patenschaft und kümmern sich um deren Pflege. Im Gegenzug gestalten sie ihr eigenes Pflanzstück nach ihren Vorstellungen – oft sehr kreativ“, erklärt René Zechlin das Urban-Gardening-Projekt und zeigt auf ein Beet neben sich. Dort haben die Besitzer bunte Blumenstecker ins Beet integriert.

Im Hack-Museumsgarten wird aber nicht nur gegärtnert. Regelmäßig finden Veranstaltungen statt, vom türkischen Fest bis hin zu Konzerten und Ausstellungen. „Unser Museumsgarten hat sich zu einem sozialen Raum im Zentrum Ludwigshafens entwickelt, in dem sich Menschen begegnen und austauschen. So etwas hat unserer Stadt noch gefehlt. Hier ist immer etwas los, der Museumsgarten wird sehr gut angenommen“, freut sich René Zechlin und lächelt.

Ein Kunstspaziergang durch Ludwigshafen

Unsere Führung ist noch nicht am Ende, denn auch rund um das Wilhelm-Hack-Museum und den Hack-Museumsgarten tut sich gerade einiges in Ludwigshafen Mitte. Am Berliner Platz entsteht das neue Metropol-Hochhaus, auf dem ehemaligen Pfalzwerke-Areal werden Wohnungen und eine Kindertagesstätte gebaut. „Uns liegt es am Herzen, dass wir uns als Museum für moderne und zeitgenössische Kunst aktiv beim Gestalten der Stadt beteiligen. Das erreichen wir zum Beispiel durch unser Streetart-Projekt ‚MURALU‘“, betont der Direktor des Wilhelm-Hack-Museums.

„MURALU“ ist ein Kofferwort aus „Mural“, dem englischen Wort für Wandgemälde, und „Lu“, der Abkürzung für Ludwigshafen. Das Streetart-Projekt entstand im Rahmen der kommenden Herbstausstellung „Street Life“. „Uns war es wichtig, nicht nur Fotos von Streetart zu zeigen. Deshalb haben wir das Konzept entwickelt, ein Streetart-Projekt im Freien zu realisieren“, erläutert der 48-Jährige. Und dieses Konzept beeindruckt: Inzwischen sind rund 20 großformatige Wandgemälde in Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern entstanden.

Das Wilhelm-Hack-Museum für alle Sinne

Diese Kunstwerke begegnen Spaziergängern in ganz Ludwigshafen. Wer beispielsweise den ehemaligen Rosengarten im Ebertpark passiert, entdeckt gleich mehrere Wände und Stelen in leuchtenden Farben. Regionale Künstler der Streetart-Szene wie Buja, Czolk oder Jens Richter haben diese gestaltet. „Durch die Open-Air-Galerie tragen wir dazu bei, den städtischen Entwicklungsprozess in Ludwigshafen voranzubringen. Dazu haben wir noch viele Ideen“, verrät uns René Zechlin, während wir wieder das Wilhelm-Hack-Museum erreichen. Auf diese Ideen sind wir schon gespannt – für heute nehmen wir ganz viel Kunstgenuss und kreative Impulse mit nach Hause.