News

Abschied in Würde

Würdevolle Begleitung auf dem letzten Weg: Tobias Wrzesinski und Beatrice Kaube im Aufenthaltsraum der Palliativstation des St. Marienkrankenhauses. Der Förderverein Hospiz und Palliativ ermöglichte die liebevolle Einrichtung. (Foto: Alexander Grüber)

Abschied in Würde

Einblicke in die Arbeit des Fördervereins Hospiz und Palliativ

Der Förderverein Hospiz und Palliativ setzt sich mit mehr als 300 Mitgliedern für die Palliativversorgung in Ludwigshafen und im Rhein-Pfalz-Kreis ein. Das Ziel ist es, schwerstkranken Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen – bis zum letzten Atemzug. Wir haben mit Tobias Wrzesinski, Vorsitzender des Fördervereins, und Beatrice Kaube, Leiterin der Palliativstation des St. Marienkrankenhauses Ludwigshafen, über die Arbeit im Hospiz- und Palliativwesen gesprochen.

Es ist Freitagvormittag, 11:00 Uhr, am St. Marienkrankenhaus in Ludwigshafen. Wir sind mit Tobias Wrzesinski und Beatrice Kaube verabredet, um mit ihnen über die Arbeit des Fördervereins Hospiz und Palliativ zu sprechen. Die Vorfreude auf das Zusammentreffen ist groß, doch wir sind auch ein wenig nervös. Was wird uns erwarten, wenn wir die Flure der neuen Palliativstation betreten? Zugegeben: Krankheit und Tod sind Themen, die wir im Alltag meist so lange wie möglich zur Seite schieben. Beinahe ironisch, bedenkt man, dass jeder von uns irgendwann einmal sterben wird. Und ist es nicht unser aller Wunsch, dann in guten Händen zu sein und in Würde Abschied von unserem Leben und unseren Lieben zu nehmen?

Genau das ermöglicht die Palliativversorgung von schwerstkranken Menschen. Der Begriff „palliativ“ stammt vom lateinischen Wort „pallium“ ab, das übersetzt „Mantel“ bedeutet. Daran angelehnt will die Palliativmedizin Patienten und Angehörige schützend wie ein Mantel umhüllen. Dabei verfolgt sie einen ganzheitlichen Ansatz aus medizinischer Versorgung und menschlicher Zuwendung. Das Ziel ist nicht die Heilung der Patienten, sondern die Verbesserung der Lebensqualität auf allen Ebenen. Dabei sind drei Formen der Palliativversorgung zu unterscheiden: die Behandlung auf einer Palliativstation, in einem Hospiz und im eigenen häuslichen Umfeld. Während unheilbar kranke Menschen in einem Hospiz oder zu Hause die letzte Lebenszeit verbringen, arbeitet das Team einer Palliativstation darauf hin, den Zustand der Patienten so weit zu verbessern, dass sie entlassen werden können.

Liebevolle Umgebung für die Palliativversorgung

So auch auf der Palliativstation im St. Marienkrankenhaus, die seit Januar 2024 im Neubau der Klinik in der Gartenstadt angesiedelt ist. Tobias Wrzesinski und Beatrice Kaube begrüßen uns mit einem erwartungsfrohen Lächeln und führen uns durch die Räumlichkeiten. Es ist hell und freundlich hier. Für die Patienten stehen zehn Einzelzimmer bereit. Jedes von ihnen verfügt über ein geräumiges Bad und einen großen Balkon, auf dem die Patienten die Frühlingssonne genießen können. Die Einrichtung erinnert mit zarten Grün- und Holztönen sowie floralen Bildern, Kristalllampen und frischen Blumen an die Natur. Eine warme und heimelige Atmosphäre kommt auf. „Wir wollen den Patienten den Aufenthalt so angenehm wie möglich machen“, errät Beatrice Kaube unsere Gedanken.

Das spüren wir auch im Aufenthaltsraum der Station. Er bietet Platz für eine Küchenzeile, mehrere Tischgruppen und ein Klavier. Die Holz- und Grüntöne aus den Patientenzimmern finden sich wieder. Fotos von den Pfälzer Weinbergen wecken Heimatgefühle. Die Liebe zum Detail springt uns sofort ins Auge. „Der Förderverein Hospiz und Palliativ hat die liebevolle Einrichtung des Aufenthaltsraums ermöglicht, ebenso wie die Gestaltung eines Orts der Ruhe für Gespräche und Abschiede“, erzählt uns Beatrice Kaube, als wir uns an einen der Tische setzen.

Der Förderverein Hospiz und Palliativ engagiert sich

Der Verein unterstützt mit mehr als 300 Mitgliedern die Palliativ- und Hospizarbeit in der Stadt Ludwigshafen und im Rhein-Pfalz-Kreis. Das Engagement ist vielfältig, wie Tobias Wrzesinski berichtet: „Über die Mitgliedsbeiträge und die Spenden, die wir auch von Unternehmen wie TWL erhalten, finanzieren wir beispielsweise die Anschaffung von medizinischen Hilfsmitteln. Ebenso unterstützen wir damit Kunst- und Musiktherapien für die Patienten, die Aus- und Weiterbildung von ehrenamtlichen Hospizbegleitern und die professionelle Trauerbegleitung. Und nicht zuletzt kleine Dinge wie die Blumensträuße, die auf der Station in nahezu jedem Raum die Patienten erfreuen.“

Für Tobias Wrzesinski ist dieses Engagement eine Herzensangelegenheit. Denn er hat selbst erfahren, wie wertvoll die Arbeit der Palliativmedizin ist: „Mein Vater verstarb im März 2019 auf der Palliativstation des St. Marienkrankenhauses. Insgesamt vier Wochen lang waren meine Familie und ich jeden Tag bei ihm auf der Station und haben auf großartige Weise erlebt, wie wertschätzend das Team ihn behandelt hat. Ich habe größten Respekt vor dem, was die Mitarbeitenden leisten. Umso mehr, weil dieses so wichtige Wirken oft unbemerkt von einer breiten Öffentlichkeit stattfindet – die meisten wissen es erst dann zu schätzen, wenn sie selbst in großer Not sind.“

Ein Beruf mit großer Sinnhaftigkeit

Die Arbeit auf der Palliativstation sei nicht immer leicht, sagt Beatrice Kaube. „Die Schicksale der Menschen bewegen uns. Freude, Leid und Trauer liegen oft nah beieinander. Trotz der großen Empathie, die wir für diesen Job mitbringen, ist es wichtig, sich am Ende eines Arbeitstages abzugrenzen.“ Dennoch: Die Stationsleiterin könnte sich keinen schöneren Beruf vorstellen: „In meinem Job gebe ich sehr viel Persönliches von mir. Doch ich bekomme mindestens genauso viel von den Patienten und ihren Nahestehenden zurück. Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten, ist eine schöne und sinnhafte Aufgabe, die mich erfüllt und die mir Kraft gibt.“

Auch Tobias Wrzesinski empfindet bei der Ausübung seines Ehrenamts im Hospiz- und Palliativwesen großes Glück. Er ist überzeugt: „Wir dürfen den Tod in unserer Gesellschaft nicht zur Seite schieben. Wir müssen alles dafür tun, dass jeder Mensch am Ende des Lebens in Frieden sterben darf und Angehörige in ihrer Trauer aufgefangen werden. Deshalb braucht und verdient die Palliativ- und Hospizarbeit jede Unterstützung. Dafür setzen wir uns mit dem Förderverein mit großer Leidenschaft ein, und freuen uns über viele Menschen, die uns dabei helfen – durch eine Mitgliedschaft, Mitarbeit oder Spenden.“

Das Thema Sterben stärker ins Leben holen

Welche Pläne hat der Förderverein Hospiz und Palliativ für die Zukunft? „Eines unserer Ziele ist es, die nächste Generation für das Ehrenamt zu begeistern und neue Mitglieder zu gewinnen.“ Darüber hinaus möchte der Verein die Palliativversorgung in Ludwigshafen und in der Region weiter verbessern. „Der Bedarf an Hospizplätzen und an Betten auf Palliativstationen ist hoch. Die Angebote und Ressourcen sind dagegen sehr knapp. Auf lange Sicht müssen wir in Deutschland hierfür Lösungen finden“, betont der gebürtige Ludwigshafener.

Geborgenheit bis zum letzten Atemzug

Unser Gespräch mit Tobias Wrzesinski und Beatrice Kaube neigt sich dem Ende zu. Wir haben viel über die beiden, den Förderverein Hospiz und Palliativ sowie die Palliativstation des St. Marienkrankenhauses erfahren. Auf dem Weg nach draußen fällt unser Blick auf eine große Kerze und auf ein Buch, das direkt daneben liegt. Beatrice Kaube erläutert: „Die Kerze leuchtet, wenn ein Patient verstirbt. Im Buch können die Angehörigen ihre Gedanken festhalten.“

Heute bleiben die Kerze aus und das Buch geschlossen – ein hoffnungsvolles Gefühl. Als wir aus der Tür des Krankenhauses treten, blicken wir zurück. Ein Lächeln legt sich auf unser Gesicht. Die Berührungsangst, die wir anfangs empfanden, ist vollständig verschwunden. Die vergangenen Stunden haben uns gezeigt, dass es keinen Grund gibt, Angst zu haben. Dank des großen Engagements von Menschen wie Tobias Wrzesinski und Beatrice Kaube ist Sterben nicht düster, kalt und einsam. Sondern allem voran eines: würdevoll.